Hintergrund: Die Frage nach dem Vorliegen von Defiziten bei der Unterdrückung von Handlungen als Teil der Pathophysiologie des Tourette Syndroms wird gegenwärtig intensiv diskutiert. Vorangegangene neuropsychologische Studien zur Handlungsunterdrückung zeigten zweideutige Ergebnisse.
Methoden: Um konfundierende Störeffekte wie bspw. Medikationsstatus und Komorbiditäten zu vermeiden, untersuchten wir nicht medikamentös behandelte Jungen im Alter von 10-14 Jahren, welche ausschließlich vom TS betroffen waren. Gleichzeitig wurde eine Alters-, und IQ-gematchte Gruppe von gesunden Jungen untersucht. Beide Probandengruppen absolvierten einen anspruchsvollen Go/NoGo-Task, bei dem für Neuigkeitseffekte kontrolliert wurde.
Ergebnisse: Die Leistung der vom TS betroffenen Jungen unterschied sich nicht von der Leistung gesunder Kontrollprobanden.
Interpretation: Es kann angenommen werden, dass beim Tourette Syndrom keine Defizite in der Handlungsunterdrückung, wie sie mit dem Go/NoGo-Task bestimmt wird, vorliegen. Allerdings könnte TS mit einer Abweichung neurophysiologischer Mechanismen in Verbindung stehen, welche Kompensationmechanismen zur Tic-Kontrolle darstellen. Infolgedessen sind weitere Studien notwendig, die eine Kombination aus neu-ropsychologischen und neurophysiologischen Methoden und das gleiche streng kontrollierte Design an einer Stichprobe von Patienten mit einem weiten Entwicklungs- und Symptomschwere-Spektrum verwenden.
KJPDD_Ergebnisse_Tic_Studien_3
Quelle:
Roessner V, Albrecht B, Dechent P, Baudewig J, Rothenberger A (2008)
Normal response inhibition in boys with Tourette Syndrome.
Brain and Behaviour Function 18: 4-29