Die Pathophysiologie, die den unfreiwilligen Tics beim Tourette Syndrom zugrunde liegt, ist bislang unbekannt. Die Autoren verwenden die transkranielle Magnetstimulation (TMS), um die Erregbarkeit zweier unterschiedlicher Hemmsysteme im humanen motorischen Cortex zu untersuchen: die intracortikale Hemmung mit kurzen Intervallen (SICI, short interval intracortical inhibition) und die afferente Hemmung mit kurzen Intervallen (SAI, short interval afferent inhibition). Beide wurden in 10 gesunden, nicht rauchenden Kontrollen und in 8 nicht behandelten nicht rauchenden Tourette Syndrom-Patienten analysiert. Im Vergleich mit den gesunden Kontrollen, waren SICI und SAI in den Patienten reduziert.
Dies stimmt mit der Annahme überein, dass eine reduzierte Erregbarkeit der cortikalen Inhibition einer der Faktoren ist, die zu der Schwierigkeit, unfreiwillige Tics zu unterdrücken, beitragen. Zusätzlich zeigt ein reduziertes SAI, dass eine beeinträchtigte intracortikale Hemmung nicht auf den motorischen Cortex beschränkt ist, sondern auch die Kreise betrifft, die den sensorischen Input und den motorischen Output verbinden. Eine Einzeldosis Nikotin mindert die Tic-Schwere bei den meisten Patienten, wie mit einer Videoaufzeichnung nachgewiesen werden konnte. Zusätzlich hebt sie den Unterschied zwischen Kontrollen und Patienten bzgl SICI und SAI auf.
Es gab keine Wirkung des Nikotins und keinen Unterschied zwischen Kontrollen und Patienten im Hinblick auf Messungen des motorischen oder SICI-Schwellenwertes. Dies zeigt, dass der cholinerge Input die Wirksamkeit von SICI und SAI in Tourette Syndrom-Patienten und Kontrollen unterschiedlich modulieren kann.
Quelle:
Orth M, Amann B, Robertson MM, Rothwell JC.
Sobell Department of Motor Neuroscience and Movement Disorders,The National Hospital for Neurology and Neurosurgery, Royal Free and University College Medical School, Queen Square, London
Brain 2005