Das Tourette Syndrom und die chronische Tic-Störung gelten als chronische Krankheiten. Das bedeutet, dass eine betroffene Person mit der Krankheit leben muss. Mit allen ihren organischen, sozialen und psychischen Folgen. Und dies auf unabsehbare Zeit. Das verändert natürlich auch das eigene Leben und den Alltag.
Betroffene verarbeiten die Diagnose und die damit verbunden Belastungen recht unterschiedlich. Viele Betroffene kommen trotz ihrer Tics ganz ohne medizinische Hilfe durch das Leben. Die Lebensqualität kann aber auch eingeschränkt sein.
Das Tourette Syndrom oder eine Tic-Störung kann ein tiefgreifender Einschnitt in das Leben bedeuten. Psychosoziale Belastungen stellen immer wieder neue Herausforderungen der Anpassung und Bewältigung. Das wird auch als „Copingverhalten“ bezeichnet.
Eine frühzeitige Diagnose kann eine wichtige Hilfe sein. Als vergleichsweise seltene Krankheit wurden in der Vergangenheit nicht selten auch Fehldiagnosen gestellt. Dies kann zu Fehlbehandlungen und zum Verlust zum Vertrauen zum Arzt führen. Wer es gewohnt ist, seine Tics zu unterdrücken, erschwert dem Mediziner die Diagnose. Fehlt die Diagnose, so kann das zur Unsicherheit führen. Der Betroffene hat das Gefühl „verrückt zu werden“. Das kann das Selbstbewusstsein schwächen.
Diskriminierungen können zu einer besonderen sozialen Herausforderung werden. Vor allem betroffene Kinder und Jugendliche mit Tourette Syndrom oder einer Tic-Störung bleiben manchmal etwas länger abhängig von ihrer Familie und brauchen etwas mehr Zeit, bis sie ein selbständiges Leben führen können. Aber auch Überbehütung ist oft keine gute Lösung: Das kann zur Selbstunsicherheit und zur Ängstlichkeit führen. Manchmal wird dies durch leichtsinniges oder selbstschädigendes Verhalten kompensiert. Auch die nichtbetroffenen Geschwister können unter der Krankheit leiden.
Tic-Störungen können zur sozialen Isolation führen. Das begünstigt die Entwicklung depressiver Symptome. Kinder und Jugendliche mit Tourette Syndrom können auch zum Mobbing-Opfer werden. Und auch Lehrer und Arbeitskollegen, die nicht ausreichend informiert sind, verhalten sich oft nicht korrekt. Die Berufswahl wird schwierig, auch dann, wenn die betroffene Person über herausragende Talente verfügt. Berufliche Einsatzgebiete mit Publikumsverkehr werden oft gemieden.
Vor allem die Pubertät kann zu einer Krisenzeit werden. Nicht selten verstärkt sich in dieser Zeit die Symptomatik. Der Druck durch die Ausgrenzung durch die anderen Jugendlichen (die mit ihrer eigenen Pubertät kämpfen) wird größer.
Viele Faktoren bestimmen, wie ein Mensch mit seinen Belastungen umgeht. Das sind etwa
Die Tic-Symptomatik führt zu Stress und damit zu inneren Konflikten und zu sozialen Konflikten. Im Verlauf der Erkrankung ändert sich oft der Blick auf die Symptome. Für manche Kinder ist das Tourette Syndrom oder die Tic-Störung selbst gar kein Problem. Für die Eltern kann das aber eine Belastung sein.
In der Pubertät wird die Belastung stärker erlebt. Die Tic-Symptomatik kann sich verstärken und dann kommen auch noch die Herausforderungen der Pubertät an sich hinzu, mit der sich jeder Jugendliche auseinandersetzen muss. Der Jugendliche befindet sich auf seiner Identitätssuche, wünscht sich mehr Selbständigkeit und ringt mit seinem veränderten Hormonspiegel. Gleichzeitig erfolgt eine Ablösung von den Eltern als Bezugsperson und später die Berufswahl. In Kombination mit den Tics kann das zu einer großen Herausforderung werden. Schwäche wird in dieser Altersgruppe auch nicht gerne gesehen.
Die Literatur beschreibt fünf Phasen der Krankheitsbewältigung: