Beim Tourette-Syndrom (TS) handelt es sich um eine chronische neurologische Erkrankung, die durch multiple motorische und vokale Tics charakterisiert wird. Häufig werden die Tics von Komorbiditäten wie Zwangserkrankungen (OCD), ADHD oder Depressionen begleitet.
Die Forschung hat sich bislang hauptsächlich auf den cortico-striato-thalamo-Regelkreis konzentriert, doch zeigen klinische Studien und neuere bildgebende Untersuchungen (Neuroimaging) eine veränderte Konnektivität im sogenannten Ruhenetzwerk des Gehirns im Falle von Tourette Syndrom. Dies deutet darauf hin, dass sich bei Tourette Syndrom-Patienten auch Anomalien außerhalb der motorischen Regelkreise finden.
Die Autoren führten diffusionsgewichtete Kernspintomographien bei 1.5 T bei 19 erwachsenen Patienten durch, die den DSM-IV-TR-Kriterien eines Tourette Syndrom entsprachen, sowie bei gesunden Kontrollen. Diffusion-Tensor-Bildgebung (DTI) bei den adulten Tourette Syndrom-Patienten zeigten eine verminderte fraktionelle Anisotropie (FA) und eine Zunahme der radialen Diffusivität im corticospinalen Trakt. Es finden sich weitverbreitete Veränderungen (reduzierte FA und vermehrte radiale Diffusivität) im vorderen und hinteren Bereich der inneren Kapsel. Außerdem bestätigen diese Ergebnisse frühere Befunde einer veränderten Konnektivität zwischen den Hemisphären, wie sich an einer verminderten FA im Corpus callosum zeigt.
Die Ergebnisse zeigen zudem, dass das Tourette Syndrom nicht allein auf die motorischen Regelkreise beschränkt ist sondern auch Assoziationsfasern wie innere fronto-occipitale Fascikel, der Fasciculus longitudinalis superior und der Fasciculus uncinatus betroffen sind. Da Tics das Kennzeichen des Tourette Syndroms sind, passt die Beteiligung des corticospinalen Trakts gut zu den klinischen Symptomen. Cortikale Regionen sowie limbische Strukturen sind an der Modulation von Tics beteiligt.
Die Befunde von Veränderungen im Bereich der Assoziationsfasern und dem Corpus callosum stellen eine mögliche Ursache für eine eingeschrängte interhemisphäre und transhemisphäre Interaktion dar. Die Veränderungen in der radialen Diffusivität deuten auf ein Defizit in der Myelinierung als einem pathophysiologischen Faktor beim Tourette Syndrom hin.
Quelle:
Department of Psychiatry and Psychotherapy, RWTH Aachen University, 52074 Aachen, Germany; Institute of Neuroscience and Medicine – 4, Forschungszentrum Juelich GmbH, 52425 Juelich, Germany
Neuroimage. 2010 Feb