Bei Atomoxetin (Strattera(R)) handelt es sich um einen selektiven Norepinephrin- (Noradrenalin-) Reuptakehemmer, der nicht als Stimulans klassifiziert wird und als Indikation eine Anwendung für Patienten mit ADHD hat. Atomoxetin ist wirksam und wird generell gut vertragen. Es ist signifikant wirksamer als Placebos und gegenwärtige Standard-Therapien und unterscheidet sich nicht signifikant von oder ist nicht schlechter als Methylphenidat. Trotzdem ist es signifikant weniger wirksam als das Methylphenidat-Präparat mit anhaltender Freisetzung (OROS(R) Methylphenidat (osmotisch freigesetztes Methylphenidat)) und gemischte Amphetaminsalze mit anhaltender Freisetzung.
Atomoxetin kann als einmalige tägliche Dosis verabreicht werden oder in zwei gleichmäßig verteilten Gaben. Es hat ein vernachlässigbares Risiko für Missbrauch und steht in den USA nicht unter Kontrolle. Atomoxetin ist speziell angeraten für Patienten mit einem Risiko für Missbrauch oder für solche, die als Comorbidität Ängste oder Tics aufweisen bzw solche, die keine unter Aufsicht stehenden Medikamente einnehmen wollen. Daher gilt Atomoxetin als sinnvolle Therapie für ADHD bei Kindern und Jugendlichen. Der Wirkmechanismus von Atomoxetin ist unklar, doch geht man davon aus, dass er mit der selektiven Hemmung des presynaptischen Norepinephrin-Reuptakes im präfrontalen Cortex in Verbindung steht. Atomoxetin zeigt eine hohe Affinität und Selektivität für Norepinephrin-Transporter jedoch wenig oder keine Affinität für verschiedene Neurotransmitter-Rezeptoren.
Atomoxetin hat eine nachgewiesene Fähigkeit zur selektiven Hemmung des Norepinephrin-Uptakes in Menschen und Tieren und Studien konnten zeigen, dass es vorwiegend an Bereiche mit einer bekanntermaßen hohen Verteilung an noradrenerge Neuronen bindet wie dem fronto-corticalen Subsystem. Atomoxetin wurde bei Pädiatrie-Patienten mit ADHD in Verbindung gebracht mit statistischem, aber nicht klinischem Anstieg von Blutdruck und Herzfrequenz. Während es anfänglich eine Minderung in Bezug auf die erwartete Größe und das erwartete Gewicht bei Atomoxetin-Patienten gab, gehen diese Werte nach längerer Zeit eventuell wieder auf Normalwerte zurück.
Atomoxetin ruft seltener als Methylphenidat Schlafstörungen bei Kindern mit ADHD hervor. Es wird schnell absorbiert und zeigt Dosis-abhängige Anstiege im Plasma. Es unterläuft extensive Biotransformation die durch den schlechten Metabolismus durch Cytochrom P450 (CYP) 2D6 in einem kleinen Prozentsatz der Bevölkerung beeinflusst wird. Bei diesen Patienten wird Atomoxetin langsamer eliminiert als bei anderen. Patienten mit Leberinsuffizienz sind dem Atomoxetin auch stärker ausgesetzt.
CYP2D6 Inhibitoren wie Paroxetin, werden ebenso mit Veränderungen der Atomoxetin-Pharmakokinetik in Verbindung gebracht wie man sie bei schlecht metabolisierenden CYP2D6-Patienten beobachtet. Ein- oder zweimalige Gaben von Atomoxetin waren in der kurzzeitigen Therapie von ADHD in Kindern und Jugendlichen wirksam, wie es in verschiedenen, Placebo-kontrollierten Studien nachgewiesen werden konnte. Atomoxetin zeigte auch bei längeren Therapien dieser Patienten Erfolg. Eine einzelne Gabe am Morgen erwies sich auch am Abend noch als wirksam und eine Unterbrechung der Atomoxetin-Therapie stand nicht unmittelbar mit einem Wiederauftreten der Symptomatik in Verbindung. Die Wirkung zeigte keinen Unterschied zwischen Kindern und Jugendlichen. Auch Patienten, die noch keine Stimulantien genommen hatten, reagierten gut auf Atomoxetin. Atomoxetin unterschied sich nicht signifikant von oder war schlechter als das Methylphenidat mit sofortiger Freisetzung bei Kindern und Jugendlichen mit ADHD was die Wirkung anbelangt und war signifikant wirksamer als gegenwärtige Standardtherapien (Kombinationen von Medikamenten (ohne Atomoxetin) und Verhaltenstherapien oder keine Therapien). Trotzdem war Atomoxetin weniger wirksam als das osmotisch freigesetzte Methylphenidat und Aphetamine mit verzögerter Freisetzung.
Die Wirksamkeit von Atomoxetin wurde durch das Vorhandensein von Comorbiditäten nicht beeinflusst und umgekehrt wurden die Symptome der comorbiden Erkrankungen durch Atomoxetin nicht beeinflusst oder sogar verbessert. Der Index für gesundheitsbezogene Lebensqualität (HR-QOL) scheint in Kurzzeit und Langzeitstudien durch Atomoxetin positiv beeinflusst zu werden. Atomoxetin wird im Allgemeinen von Kindern und Jugendlichen mit ADHD gut vertragen. Allgemeine Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, verminderter Appetit, Erbrechen, Schläfrigkeit und Übelkeit. Die Mehrzahl der Nebenwirkungen waren leicht bis mittelmäßig ausgeprägt. Selten kam es zu schweren Nebenwirkungen. Nur wenige Patienten beendeten die Therapie auf Grund von Nebenwirkungen. Ein Absetzen von Atomoxetin schien gut verträglich zu sein mit nur wenigen Nebenwirkungen. Von extensiv CYP2D6 metabolisierenden Patienten wird Atomoxetin offensichtlich besser vertragen als von schlecht metabolisierenden. Es gab geringe Unterschiede zwischen den Nebenwirkungen von Atomoxetin und Stimulantien, egal ob mit sofortiger oder verzögerter Freisetzung. Schläfrigkeit tritt eher bei Atomoxetin auf und Schlaflosigkeit eher nach Einnahme von Stimulantien.
Eine Black-Box-Warnung in bezug auf Selbstmordgedanken wurde in die US Beipackzettel aufgenommen, da Meta-Analysen zeigten, dass Atomoxetin mit einem höheren Risiko für Selbstmordgedanken in Zusammenhang steht als Placebos. Selten kann es unter Atomoxetin auch zu schweren Leberschädigungen kommen. Therapie-Algorithmen die eine Therapie mit Atomoxetin beinhalten, scheinen gegenüber solchen mit Methylphenidat, Dexamphetamine und tricyclischen Antidepressiva kosteneffektiv zu sein.
Quelle:
Wolters Kluwer Health mid R: Adis, Auckland, New Zealand, an editorial office of Wolters Kluwer Health, Philadelphia, Pennsylvania, USA
Paediatr Drugs. 2009