Fragiles X Syndrom im Zusammenhang mit Tic-Störungen

Andere Bewegungsstörungen als die spät einsetzende Tremor-Ataxie scheinen im Zusammenhang mit dem fragilen X-Syndrom, der am häufigsten identifizierbaren Ursache für vererbte mentale Entwicklungsverzögerung, selten zu sein. Die Autoren beschreiben fünf männliche Patienten aus drei nicht miteinander verwandten Familien mit fragilem X-Syndrom, die motorische und vokale Tics zeigten. Klinisch erfüllten 4 Patienten die diagnostischen Kriterien eines Tourette-Syndroms, während bei einem Patienten eine im Erwachsenenalter einsetzende Tic-Störung diagnostiziert wurde

Bei sämtlichen Patienten erfolgte das Einsetzen der Tics später als im Falle eines typischen Tourette Syndrom. Drei Patienten zeigten untypische Tics und zwei Patienten berichteten von einer Zu-und Abnahme der Tic-Intensität über die Zeit. Vier der 5 Patienten zeigten klinische Anzeichen, die typisch für ein fragiles X-Syndrom sind: dazu gehörten körperliche Symptome, Lernschwierigkeiten und Sprachprobleme, die einer besonderen Therapie bedurften. Sämtliche Patienten wiesen Komorbiditäten auf, die TS und fragilem X-Syndrom gemeinsam sind. Die Autoren schlagen vor, dass man bei einem TS mit Komorbiditäten und spät einsetzen atypischer Tics auch an das fragile X-Syndrom denken sollte, speziell wenn Lernschwierigkeiten und atypische körperliche Merkmale vorhanden sind.

Anm. D. Übers: Fragiles-X-Syndrom ist eine der häufigsten Ursachen erblicher kognitiver Behinderung des Menschen. Ursache hierfür ist eine genetische Veränderung auf dem X-Chromosom, eine Mutation des Gens FMR1 (fragile X mental retardation 1). Das Fragile X-Syndrom wird nach seinen Erstbeschreibern auch als Martin-Bell-Syndrom (MBS) oder Marker-X-Syndrom sowie in der abgekürzten Form als fra(X)-Syndrom bezeichnet. Die Behinderung kann in ihrer Schwere stark variieren und von leichten Lernschwierigkeiten bis zu extremer kognitiver Beeinträchtigung reichen. Der Name leitet sich aus der Beobachtung von Zellkulturen betroffener Menschen ab. Unter entsprechenden Kulturbedingungen kann am X-Chromosom in einem Teil der Zellen eine Bruchstelle, der sogenannte fragile Bereich, nachgewiesen werden.

Quelle:
Mov Disord. 2008
Sobell Department of Motor Neuroscience and Movement Disorders, Institute of Neurology, Queen Square, London, United Kingdom.