Prävalenz und Epidemiologie des Gilles de la Tourette Syndroms.

Teil 2: Mögliche Erklärungen für unterschiedliche Verbreitungsmuster des Tourette-Syndroms mit möglichen Auswirkungen von Psychopathologie, Etiologie, kulturellen Unterschieden und unterschiedlichen Phänotypen

Wie bereits aufgezeigt kommt das Tourette-Syndrom weltweit bei ca 1 % der Bevölkerung vor, auch wenn frühere Studien von einem geringeren Vorkommen ausgehen. Außerdem variieren die Werte bei unterschiedlichen Studien zwischen 0.4% und 3.8%. Auch scheint das Vorkommen zwischen unterschiedlichen Teilen der Erde und Rassen zu variieren, da man GTS beispielsweise kaum bei Afroamerikanern oder Afrikanern südlich der Sahara findet.

Im zweiten Teil des Überblicks werden mögliche Gründe für die Unterschiede bezüglich Vorkommen und Epidemiologie diskutiert. Mögliche Erklärungen für unterschiedliche Verbreitungsmuster des Tourette-Syndroms beinhalten Probleme der Diagnostik, die mehrdimensionale Natur der Tics, sowie andere Tic-Faktoren wie das periodische Auftreten und Verschwinden und die Unterdrückbarkeit der Symptome.

Andere, dem Tourette-Syndrom anhaftende Faktoren beinhalten, dass es keinen diagnostischen Test gibt und die Tatsache, dass psychosoziale Belastungen zu einer verstärkten Tic-Schwere führen und dass komorbide Erkrankungen die Tics maskieren können. Außerdem beeinflussen die unterschiedlichen, bei den Studien verwendeten Methoden die Verbreitungsmuster. Es gibt sicherlich auch regionale Unterschiede im Tourette-Syndrom-Vorkommen.

Gerade im Bezug auf das geringe Vorkommen des Tourette-Syndroms bei Afroamerikanern und Afrikanern sind die Ursachen sicher komplexer als es auf den ersten Blick scheint. Folgende Gründe sind für das geringe Vorkommen bei diesen Populationen denkbar: andere medizinische Prioritäten, geringere Neigung, Ärzte aufzusuchen, das Fehlen des Erkennens des Tourette-Syndroms, ethnische und epigenetische Unterschiede, genetische Unterschiede in unterschiedlichen Rassen sowie eine Mischung von Rassen.

Auch die Ätiologie des Tourette-Syndroms ist komplex und beinhaltet Einflüsse komplexer genetischer Mechanismen, prä- und perinatale Schwierigkeiten und, in einer Untergruppe, Infektionen, möglicherweise durch epigenetische Mechanismen.

Diese können den Phänotyp betreffen und auch die Verbreitung. Es gibt auch die Meinung, dass die Anzahl der Tourette-Syndrom-Betroffenen steigt.

Neuere Daten lassen vermuten, dass es sich beim Tourette-Syndrom nicht um ein einheitliches Krankheitsbild handelt, sondern dass es verschiedene Arten des Tourette-Syndroms gibt. Die Verbreitung des Tourette-Syndroms in diesen unterschiedlichen Unterarten ist jedoch noch unbekannt.

Die Autoren schlagen vor, in der Zukunft die Nomenklatur des Tourette-Syndroms anzupassen, abhängig von weiteren genetischen und phänomenologischen Studien. In welchem Umfang die Ätiologie den Phänotyp und damit die Prävalenz (Verbreitung) beeinflusst, ist noch unklar.

Quelle:
University College, London, United Kingdom; and St George’s Hospital & Medical School, London, United Kingdom
J Psychosom Res. 2008 Nov