Outdoor-Abenteuer erleben, interessante Menschen kennen lernen und ein lebendiger Erfahrungsaustausch – nicht nur über Tics und das Tourette-Syndrom: Das ist der jährliche Workshop für Familien vom Interessenverband Tic & Tourette Syndrom e. V. kurz IVTS.
Der neunte Familienworkshop des IVTS fand diesmal am Rand von Oberursel im Taunus statt. Die Unterkunft war diesmal das Haus Heliand, das sich am Waldrand befindet und mit vielen interessanten Angeboten, wie Grillplätzen, einem Basketball-Spielfeld, einem Badmintonnetz sowie Outdoor-Schach ein ideales Umfeld für ein Freizeitwochenende mit erlebnispädagogischem Ansatz bietet.
Bei bestem Wetter gab es um 11:30 Uhr die erste Begegnung zwischen neuen Teilnehmern und „alten Hasen“, die diese jährliche Veranstaltung als regelmäßigen Treffpunkt nutzen. Das Einchecken in den Unterkünften erfolgte ganz unbürokratisch, und schon bald kündigte sich um 12:30 Uhr die erste gemeinsame Mahlzeit an. Ob jung oder alt, alle Teilnehmer erwiesen sich beim Tischdecken und beim Aufstellen der Speisen als sehr hilfsbereit, manchmal waren beinahe mehr Helfer als Teller unterwegs. Ein Gemeinschaftsgeist, der übrigens über alle vier Workshoptage zu beobachten war.
Kennenlernen und viel Bewegung
Das erlebnispädagogische Programm sollte um 15 Uhr starten. Und wie schon in den Jahren zuvor wurde es von den motivierten pädagogischen Kräften des N.E.W. Institut geplant und kompetent umgesetzt. Und das begann mit einer Warm-Up Runde: „Wer sind wir? Wo kommen wir her? Und was erwarten wir von diesem Workshop?“ – Da gab es gleich viel zu erzählen und das brachte ein bisschen Übersicht in die Gruppe um zu verstehen, welche Kinder denn nun zu welchem Papa und zu welcher Mama gehören. Doch dann war es der Worte erst einmal genug und es stand Bewegung auf dem Plan: Das Bewegungsspiel Alaska Baseball wurde nicht etwa mit einem Ball, sondern mit einem verrückten Huhn gespielt und brachte so manchen Teilnehmer (auch den sommerlichen Temperaturen geschuldet) ganz schön ins Schwitzen.
„Ähm, wie heißt du nochmal?“ – eine Frage, die man häufig hört, wenn sich auf einem Workshop eine neue Gruppe bildet. Gar nicht so einfach, sich immer alle Namen zu merken. Und auch hierfür hatten die Erlebnispädagoginnen vom N.E.W. Institut die passenden Spiele mitgebracht: Bei der Gruppenjonglage flogen nicht nur die Bälle durch die Lüfte, sondern auch ein Hut und eine Frisbee-Scheibe. Und natürlich auch die Namen der Teilnehmer, die auf diese Weise immer leichter über die Lippen kamen. „Und, hast du dir alle Namen merken können?“ – Diese Frage beantwortete das Spiel „Namensduell“. Wer den Namen des Gegenübers schneller nennen konnte, bekam den Punkt.
Ein Ausflug zu den Waldgeistern
Nach den Kennenlernspielen ging es in den nahegelegenen Wald. Die Teilnehmer bekamen die Aufgabe, an den Bäumen „Waldgeister“ nach Vorbild der eigenen Familie zu modellieren. Dabei konnten die Künstler von Tannenzapfen und Moos bis zu Kieferzweigen alles einsetzen, was der Wald so zu bieten hat. Und anschließend wurden die Kunstwerke vorgestellt und berichtet, was denn die eigene Familie so einzigartig macht. Und da gab es viel zu erzählen. Vollgepackt mit Baumstämmen und Zweigen für das anstehende Grillfeuer ging es zurück zum Haus Heliand.
Lagerfeuer und Schokobananen
Manche nahmen den Ausklang des Tages gemütlich, andere sportlich. Das Lagerfeuer wurde fix in Fahrt gebracht und von begeisterten jungen Helfern ordentlich bei Laune gehalten. Am Feuer wurden Schokobananen zubereitet und wer sich auch am Abend noch etwas Bewegung gönnen wollte, den trieb es zum Badminton-Platz oder auf das Basketball-Feld. Oder wechselweise auch beides. Die gute Nacht Geschichte von der Blume, die nicht blühen wollte, war für viele Kinder der Abschluss des ereignisreichen Tages.
Programm für Kinder
Nach dem gemeinsamen Frühstück startete am zweiten Tag ab 10 Uhr das Programm für Kinder. Der Nachwuchs wanderte mit den Erlebnispädagoginnen in den Wald, während die Eltern im Haus Heliand unter sich blieben. So konnten auch die Eltern sich etwas näher kennen lernen und austauschen, während die Kinder unter Angeboten wie dem Moorpfad, Blindführen oder Deckeschaukeln Erfahrungen für alle Sinne sammeln konnten.
Workshops für alle
Nach dem Mittagessen hatten die Teilnehmer die Wahl: Eine Gruppe suchte sich zum Bogenschießen eine weite Wiese in der Nähe der Herberge, die andere Gruppe lernte die Kunst des Schnitzens, zeichnete Henna-Tattoos oder erfrischte das sonnengeplagte Gesicht mit einer Wellness-Behandlung aus Quark und Gurken. Am Lagerfeuer wurde anschließend Stockbrot zubereitet.
Ein Highlight: Die Fackelwanderung
Bei Nacht durch den Wald wandern? Nur ausgerüstet mit einer Fackel? Da mussten einige Kinder ihren ganzen Mut zusammennehmen, denn das macht man nicht alle Tage. Die Nachtwanderung führte just in jenen Wald, in dem am Vortag die Waldgeister modelliert worden waren. Doch bei Nacht wird der Wald zu einer ganz neuen Welt. Und alle mussten einmal ganz still zu sein und zu lauschen, welche Geräusche und Klänge denn der Wald so zu erzählen hat. Und allen Tics zum Trotz: Es war auch wirklich mucksmäuschen Still in diesem Moment. Es folge eine Vorlesegeschichte in der Dunkelheit und ein Laternenlauf. Dieser führte an den Bäumen mit den Waldgeistern vorbei und gab den Nachtwanderern viele inspirierende Weisheiten zum Nachlesen mit auf den Weg.
Das GPS-Abenteuer
Am Montagvormittag wurden die Teilnehmer in zwei Gruppen aufgeteilt und mit GPS-Empfängern ausgestattet. Denn im Wald war ein Schatz zu heben. Die Abenteuerpädagoginnen warteten am Ziel und so waren die beiden Gruppen diesmal ganz auf sich alleine gestellt. In jeder Gruppe waren aber auch Erwachsene aus den Familien und dem IVTS-Team mit dabei, so dass gewährleistet blieb, dass jede Gruppe am Ende auch ihr Ziel erreichen konnte. Drei Luftballons markierten den Weg, der immer tiefer in den Wald hineinführte. In jedem Luftballon war die Koordinate für das nächste Versteck platziert. Und am Ende trafen sich beide Gruppen an einem gemeinsamen Ort wieder, wo auch bald schon der Schatz gehoben werden konnte. Inspiriert von der Schatzsuche wurde nach dem Mittagessen noch ein Geocache gesucht und gefunden, der sich am Rande des Geländes des Haus Heliand befand.
Musik mit Jean-Marc Lorber
Eine Abschluss-Reflexion rundete das gelungene Programm des N.E.W. Institut Teams ab und dann war es Zeit, Abschied zu nehmen von den Erlebnispädagoginnen.
Doch das Programm des Workshops für Familien war damit noch nicht zu Ende: Der Musiker Jean-Marc Lorber war am Sonntagabend zum Workshop dazugestoßen und das konnte nur eines bedeuten: Musik, Musik, Musik! Und so wurden am Montagnachmittag fleißig Ideen für einen Song zum Thema „Familie“ gesammelt. Jede Familie brachte passende Begriffe rund um das Familienleben mit in den Text ein, die anschließend von Jean-Marc Lorber zu einem stimmigen und ohrwurmträchtigen Titel zusammengesetzt wurden. Am Abend wurde der Song dann gleich zweimal gemeinsam gesungen.
„Bis zum nächsten Jahr!“
Am Dienstagvormittag wurden schon die Koffer gepackt. Das Mittagessen stand schon um 11:30 auf dem Tisch, so dass sich auch die Familien mit einer weiten Rückfahrt zeitig auf ihre Autobahn oder ins öffentliche Verkehrsmittel begeben konnten. Nach dem Tausch von Adressen und Handynummern und vielen freundschaftlichen Umarmungen verabschiedeten sich die Teilnehmer mit dem Wunsch: „Hoffentlich sehen wir uns alle bald wieder!“
Das Projekt wurde im Rahmen der Förderung der Bundesorganisationen der Selbsthilfe durch die Techniker Krankenkasse unterstützt.