Medizinische Erkenntnisse und neue Medikamente fallen nicht vom Himmel, sondern sind das Ergebnis langwieriger und sorgfältiger Forschungsarbeit. Bei der Entwicklung eines Arzneimittels zur späteren Anwendung am kranken Menschen ist die Durchführung klinischer Prüfungen an Probanden (gesunde Studienteilnehmer) und Patienten mit Symptomen oder Erkrankungen unumgänglich. Damit wird der wissenschaftliche Nachweis geführt, dass dieses Arzneimittel die notwendige Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit zur Behandlung einer Erkrankung aufweist.
Klinische Prüfungen sind weltweit anerkannt und werden nach den entsprechenden Bestimmungen des Weltärztebundes (Deklaration von Helsinki (Seite 119), 1964; in ihrer erneuerten Fassung von Edinburgh, Schottland, 2000), nach den Richtlinien für gute klinische Praxis (CPMP/ICH/135/95) sowie nach dem deutschen Arzneimittelgesetz durchgeführt. Der Datenschutz ist gewährleistet.
Sowohl bereits bewährte Medikamente (z.B. Clonidin, Haloperidol) als auch neue Wirkstoffe (z.B. gabaerge Substanzen, Cannabinoide, Dopaminagonisten) sowie nicht medikamentöse Behandlungsformen werden untersucht. In den klinischen Prüfungen zum Tourette-Syndrom bzw. Tic-störungen werden die Behandlungen u. a. auf ihre Verträglichkeit, Unbedenklichkeit, ihre mögliche Vergleichbarkeit mit bereits handelsüblichen, in Apotheken erhältlichen Medikamenten u. ä. untersucht. Siehe dazu auch: „Phaseneinteilung klinischer Studien“.
Klinische Prüfungen werden von qualifizierten Ärzten in Universitätskliniken, Krankenhäusern, speziellen Studienzentren sowie in Praxen von niedergelassenen Ärzten durchgeführt. Auftraggeber von klinischen Prüfungen sind in der Regel die pharmazeutische Industrie und Auftragsforschungsinstitute.
Jedermann soll nachlesen können, welche Ergebnisse bei Arzneimittelstudien mit Patienten herausgekommen sind. Dazu werden die Resultate sämtlicher von forschenden Arzneimittelherstellern gemeinsam mit Kliniken oder Arztpraxen durchgeführten Studien in öffentlich zugängliche Internet-Datenbanken gestellt (siehe unten).
Das haben im Januar 2005 die Pharmaverbände Europas, Japans und der USA gemeinsam mit dem Internationalen Pharmaverband IFPMA beschlossen. Die lückenlose Publikation aller Studienergebnisse soll dazu beitragen, dass sich Ärzte bei der Behandlung ihrer Patienten und Wissenschaftler bei der Forschungsplanung stets auf den gesamten Wissensstand zu einem Medikament stützen können.
Vor der Anmeldung zur Teilnahme an jeder Studie steht immer Ihre Information. Sie werden von den durchführenden Firmen oder Forschungsstellen umfassend aufgeklärt und mit Informationsmaterialien versorgt.
Zögern Sie nicht, alle Fragen zu stellen, die für Sie wichtig sind. Sie sollten gewillt und in der Lage sein, die vorhergesehenen Untersuchungstermine einzuhalten. Selbstverständlich haben Sie jederzeit das Recht, Ihre Teilnahme ohne irgendwelche Nachteile für Sie abzubrechen. Wenn Sie wünschen, auch ohne Angabe von Gründen. Bei allen Studien werden keine personenbezogenen Daten übermittelt. Die Anonymität ist also gewährleistet.
Kann ich ohne Weiteres an einer klinischen Prüfung teilnehmen?
Um festzustellen, ob Sie als Teilnehmerin/Teilnehmer für eine klinische Prüfung überhaupt in Betracht gezogen werden können, werden im Rahmen dieser allgemeinen medizinischen Voruntersuchung verschiedene Untersuchungen durchgeführt: Dies können z.B. sein:
Je nach Alter, körperlichem Untersuchungsbefund und Ihrer Kranken-geschichte können zusätzlich weitere Untersuchungsmethoden zur Anwendung kommen.
Klinische Studien werden in Deutschland und international nach den Stadien der Medikamentenentwicklung eingeteilt. Die Ergebnisse von Studien dienen den Arzneimittelbehörden als Grundlage für die Zulassung neuer Medikamente. Klinische Studien müssen von den Behörden und Ethikkommissionen vorher bewilligt werden und anschließend von den Behörden.
Phase I:
An informierten und gesunden Freiwilligen (Probanden) werden zunächst die Sicherheit und Verträglichkeit sowie die Pharmakokinetik und die maximal tolerable Dosis eines Wirkstoffs geprüft. Falls ein Einsatz des Präparates bei Gesunden aus ethischen Gründen ausgeschlossen ist, kann die Studie auch direkt an einer kleinen Gruppe von Patienten (ca. 10-80) vorgenommen werden. Häufig prüft man hier verschiedene Dosierungen im Hinblick auf den gewünschten Effekt sowie auf mögliche Nebenwirkungen.
Phase II:
Prüfung der Sicherheit und der therapeutischen Wirkung neuer Arzneimittel an einer erweiterten Patientengruppe (ca. 50-500). Zielkriterium ist der objektivierbare therapeutische Effekt des Medikaments. Falls ethisch zulässig, testet man das Medikament in randomisierten Studien im Vergleich zu einem Placebo. Oder aber im Vergleich zu einer bereits etablierten Standardmedikation.
Phase III:
Vergleich der Wirksamkeit des Medikaments mit einer Standardmedikation. Verglichen wird entweder mit einem historischen Kollektiv, oder was meist wesentlich aussagekräftiger ist – im Rahmen von prospektiv randomisierten Doppelblindstudien.
Um ausreichend große Patientenzahlen-> (ca. 300-2.000) für den statistischen Vergleich zu haben, sind Phase III-Studien oft multizentrisch angelegt: mehrere Kliniken, ggf. in verschiedenen Ländern, nehmen an der Studie teil und behandeln die Patienten exakt nach dem gleichen Protokoll. Nach erfolgreichem Abschluss der Phase III kann die entwickelnde Firma eine Zulassung oder Zulassungserweiterung für das Medikament beantragen.
Phase IV:
Erforschung des Medikaments im Hinblick auf weitere therapeutische Einsatzmöglichkeiten, seltene Nebenwirkungen oder pharmakoökonomische Vorteile (bis zu 10.000 Patienten). Auch nach Abschluss der Phase IV bleibt jedes Medikament unter Kontrolle der Arzneimittelbehörden, da manche Wirkungen erst nach längerer Anwendung erkennbar sind.
Ist ein Medikament zugelassen und in der Apotheke erhältlich, führen Firmen manchmal Anwendungsbeobachtungen durch. Dies sind relativ einfach gehaltene Prüfungen, in denen in der Regel niedergelassenen Ärzte (manchmal aber auch Klinikärzte oder Apotheker) ihre Erfahrungen mit einem zugelassenen Medikament protokollieren. Häufig werden dabei auch die Patienten um ihre Bewertung des Medikamentes gebeten (Wirksamkeit, Verträglichkeit, Anwenderfreundlichkeit etc …). Im Rahmen von Anwendungsbeobachtungen werden sowohl rezeptpflichtige wie rezeptfreie Medikamente dokumentiert. Sie liefern wertvolle Erkenntnisse über den Einsatz eines Medikamentes in der alltäglichen Praxis des Arztes. Sämtliche Ergebnisse werden den Zulassungsbehörden anonymisiert zur Verfügung gestellt. Auf der Basis der in Anwendungs-beobachtungen gewonnen Erkenntnisse werden die Texte von Beipackzetteln oder Fachinformationen häufig für die Ärzte angepasst.