Mitte 2019 kam die Hiobsbotschaft auf die Tourette-Community zu. Die Zukunft der Tourette-Spezialsprechstunde in der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) unter der langjährigen Leitung von Frau Prof’in Kirsten Müller-Vahl ist fraglich. Zeitgleich wird sie in eine andere Station versetzt. Dies bedingte zunächst den gänzlichen Ausfall von vereinbarten Terminen für Neuvorstellungen, Termine für Wiedervorstellungen mussten teilweise verschoben oder neu vereinbart werden.
Seit vielen Jahren ist diese Einrichtung in der MHH als erste Adresse für kompetente Beratung, Betreuung und Behandlung von Tic-Erkrankungen aller Altersgruppen bekannt und anerkannt. Als größte ihrer Art in Deutschland sichert sie die Versorgung von Patienten bei der Erstdiagnose. Darüberhinaus wird sie vielfach zur Einholung einer Zweitmeinung aufgesucht. Frau Prof’in K. Müller-Vahls langjährige klinische Erfahrung mit unzähligen Patienten gepaart mit zukunftsweisender Forschung steht für Fachkompetenz, Einsatz, Engagement und Verbundenheit mit dem Tourette-Syndrom (TS). Ihr berufliches als auch persönliches Commitment ist über deutsche Grenzen bekannt und sehr geschätzt. Ihre Expertise und Wirken manifestieren sich in der Zusammenarbeit mit vielen Gremien auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene.
Unsere enge, kooperativ-konstruktive und über Jahrzehnte währende Zusammenarbeit mit Frau Prof’in Müller-Vahl und der TS-Spezialsprechstunde in der MHH ist von unschätzbarem Wert. Eine Reduzierung der Kapazitäten – gar Schließung – ist für uns undenkbar und wäre mit unabsehbaren Folgen für Tourette-Betroffene selbst, aber auch für unsere ureigene Arbeit der Selbsthilfe und Aufklärungsarbeit verbunden.
Doch dies scheint die Verantwortlichen der MHH nicht zu interessieren. Unsere offizielle Beschwerde an das Präsidium der MHH sowie weitere Entscheider im Hause ist bis heute – nach mehr als fünf Monaten – ohne eine klärende Kommunikation geblieben. Nicht nur die TGD e.V. als Interessenvertretung von TS-Betroffenen und Ihren Angehörigen, sondern auch die Beschwerden weiterer Akteure der TS-Community sowie der Betroffenen und Angehörigen selbst verhallten ins Leere.
Das Ausmaß und Dauer der Situation waren Mitte des Jahres nicht vorhersehbar – und sie sind es nach wie vor nicht! Doch wo steht der hilfesuchende Patient in diesem Kontext? Mit einer solchen, nicht nachvollziehbaren Vorgehensweise wird Patienten die Chance einer klaren, eindeutigen Diagnosefindung, Behandlung und Betreuung durch Fachexpertise genommen. Ergo, der Irr- und Leidensweg von hilfesuchenden Betroffenen wird in Kauf genommen und verlängert. Wo bleibt da das Patientenrecht auf medizinische Versorgung?
Aktuell wurde Frau Prof’in Müller-Vahl erneut in eine andere Station versetzt. Sie bemüht sehr, die Termine nicht nur für Wieder-, sondern auch gerade für Neuvorstellungen wieder zu vergeben – trotz der unklaren Situation. Mit längeren Wartezeiten ist daher zu rechnen.
An dieser Stelle möchten wir unsere Wertschätzung und Verbundenheit gegenüber Frau Prof’in Müller-Vahl bekunden, und gleichzeitig unsere Solidarität und Unterstützung zum Erhalt dieser wichtigen Einrichtung in der Mitte Deutschlands bekräftigen.
Verfasser: TGD e. V. Vorstand
Aktuelle Sprechzeiten (Stand 09.01.20) Montag, Dienstag und Mittwoch – vormittags